Einige Bemerkungen zu "Paradise Lost"
Henrik Wischnewski: "Paradise Lost"
2022, Acryl auf Leinwand, 140 x 100 cm
Die Namensgebung des Bildes greift den Titel des epischen Gedichtes „Paradise Lost“ von John Milton aus dem Jahr 1667 auf und thematisiert den Verlust des Paradises (bei Milton: Adam und Eva, Sündenfall, Vertreibung aus dem Paradies) anhand der Darstellung einer scheinbar arkadischen Landschaft.
Der Bezug zum Thema der MEopenART 2022 im Kunsthaus Mettmann ("Sich Verlieren ...") ergibt sich aus der Ambivalenz des Begriffes „Paradies“. Was bei Adam und Eva die Erkenntnis der Welt im weitesten Sinne und die darauf erfolgende Vertreibung aus dem Paradies als Bestrafung und Verlust bedeutet, stellt sich für einen Demenz-Erkrankten als der verstörende Verlust der vertrauten Umgebung und Vergangenheit aufgrund seines durch die Krankheit gestörten Wiedererkennens von Bekanntem und der gestörten Orientierung in der Welt dar. Die ehemals vertraute Umgebung (das persönliche "Paradies"; im Bild die scheinbar arkadische Landschaft) entpuppt sich bei näherem Hinsehen als von Verfall und Unordnung charakterisierte, eher bedrohliche, feindliche und verfremdete Umwelt. Das Bild thematisiert also die Verwandlung der vertrauten Welt in einen fremden und verstörenden Ort für den Demenz-Erkrankten.
Neben diesem deutlichen Bezug zum verstörenden Verlust des Vertauten beim Alzheimererkrankten drängte sich mir beim Malen auch immer die zwiespältige Landschaftserfahrung des Zeitreisenden in H.G. Wells' dystopischem Roman "The Time Machine" auf. Die Beschreibung der scheinbar arkadischen Landschaft und Zivilisation der fernen Zukunft durch den Erzähler am Anfang seiner Zeitreise hinterlässt einen stark ambivalenten Eindruck sowohl der Idylle ("Golden Age") wie auch der Dekadenz und des Verfalls ("sunset of mankind"), der sich für den Zeitreisenden Zug um Zug in den schrecklichen Zuständen einer degenerierten, kannibalistischen Gesellschaft offenbart.